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Werben für Audiodeskription: Unser erlebnisreicher Tag beim Blindenhilfswerk Berlin

Posted in Theaterrezension, and Veranstaltungsbericht

Es ist Samstag, der erste Juli und wir haben einen Stand für den „Berliner Spielplan Audiodeskription“ bei der Neueröffnung des „Stadtteils der Sinne“ im Blindenhilfswerk Berlin ergattert. Heute machen wir ein bisschen Werbung vor Ort. Die ganze Woche hat es immer wieder geregnet, ja sogar gehagelt, aber heute ist strahlender Sonnenschein. Wir, das sind Krissy, Bjarke, Silja und ich plus meine kleine Tochter Nami, die mit ihren sechs Monaten natürlich auch nicht zu Hause bleiben darf. Insgeheim hoffe ich, durch sie noch mehr Leute anzulocken, aber sie ist heute ungewöhnlich still. Wenigstens schreit sie nicht.

Ankunft und erste Herausforderungen

Kurz werden wir ob unserer kargen Ausstattung – wir sind nur mit einem Laptop, Flyern und Visitenkarten bewaffnet – mit dem Infostand verwechselt. Eine Mitarbeiterin hatte schon eine beachtliche Menge an Schlüsselanhängern in meine Hand gedrückt, bevor wir ihr verwirrt begreiflich machen konnten, dass wir hier Theater machen. Ein Banner mit großem Logo wäre für die sehenden Besucher günstig gewesen. Stattdessen setzen wir auf meinen Laptop und die Ausschnitte von „Don Quijote“, „Pythonparfum und Pralinen aus Pirgendwo“, „VIVID“ und „Mutter Courage“, die unsere PR-Verantwortliche Eva zusammengestellt hat. Der kleine Lautsprecher meines inzwischen fünf Jahre alten Computers gibt alles.

So quatscht man Leute an

Kaum ist Silja angekommen, beginnt sie gnadenlos Leute anzuquatschen und ihre Strategie ist einmalig:

Bjarke: „Jetzt kommt jemand.“

Silja (rufend): „Sind Sie an Theater interessiert.“

Passantin: „Nein.“

Silja (immer noch rufend): „Warum nicht?“

Passantin: „Kann ich nicht sehen.“

Silja: „Ist doch mit Audiodeskription.“

Passantin: „Aha?“

Und schon sind sie in ihrem Bann.

Während Silja die Leute bezirzt, sind Krissy und ich unsererseits damit beschäftigt, auf dem Gelände Leute anzuquatschen und zu unserem kleinen halbstündigen Workshop einzuladen.

Krissy: „Kommen Sie zu unserem Workshop?“

Passantin: „Eigentlich habe ich keine Zeit. Worum geht’s denn?“

Lavinia: „Theater und Audiodeskription. Es ist ein kurzer knackiger Workshop, nur eine halbe Stunde. Um 11:45 Uhr geht’s los.“

Passantin: „Ach, wenn es nur eine halbe Stunde ist, komme ich vielleicht vorbei.“

Ein kurzer knackiger Workshop

Und das tun sie. Habe ich morgens noch gedacht, wir würden vielleicht zwei Teilnehmer haben, bin ich freudig überrascht, als wir letztendlich zehn blinde und sehende Menschen versammelt haben.

Silja und ich berichten über die Tätigkeit des „Berliner Spielplan Audiodeskription“, und die Aufgaben einer blinden Co-Autorin für Audiodeskription, beantworten Fragen zu Teilnahme, Kosten, Begleitung und führen eine Übung durch. Die Übung wird von Silja geleitet. Die Teilnehmer sollen sich in Paare aufteilen und gegenseitig einen Raum beschreiben. Da wir nur noch fünf Minuten Zeit haben, ist diese Übung relativ kurz. Bei einigen hinterlässt sie aber einen Geschmack dafür, wie schwierig es ist, einen Raum zu beschreiben. Eine Teilnehmerin beschreibt mir sofort detailliert, was rechts, links, oben und unten steht und wie das aussieht, wenn sie in ihre Wohnung kommt. Ich bin völlig überfordert und denke im Stillen: „Wir haben wahrscheinlich alle viel zu viel Zeug in unseren Wohnungen.“ Auch zum Ausmisten eignet sich diese Übung also hervorragend.

Ein Abschluss mit Pommes

Wir führen noch einige Gespräche, verteilen Flyer und schließen letztendlich den Stand um 13:30 Uhr, indem wir uns eine Portion Pommes genehmigen. Ich bin gespannt, wie viele neue Theatergängerinnen und Theatergänger ich in der nächsten Spielzeit am Theater wiedertreffen werde. Krissy kauft sich noch Porzellan am Nebenstand, Nami quengelt und so brechen wir auf, um den restlichen Nachmittag blau zu machen.

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