In unserem dritten Theaterclub am 28. Juni 2020 haben wir ein Jahr Berliner Spielplan Audiodeskription (BSA) Revue passieren lassen. In Über-, Rück- und Ausblicken haben wir über die aktuellsten Online-Theaterstücke gesprochen und auch die Zeit vor und nach Corona nicht unerwähnt gelassen. Dabei haben wir uns auch die Meinungen der blinden und sehbehinderten TheatergängerInnen angehört.
Zahlen und Nackte
Zwei Männer, die sich nackt über eine Bühne wälzen. Das war meine erste Erfahrung mit Audiodeskription (AD) im Theater. Das war im Juni 2019 bei „Glory“ in den Sophiensälen. Nun ja, Tanztheater ist immer etwas abstrakt, habe ich mir gedacht und mich auf etwas konventionellere Theaterstücke gefreut. Am 23. Oktober 2019 war unsere Eröffnungsveranstaltung in der Deutschen Oper und dann ging’s los.
Der BSA hat fulminant mit der VIVID Grand Show im Friedrichstadt-Palast gestartet. Fünf Mal wurde die Show 62 blinden und sehbehinderten ZuschauerInnen präsentiert. Auch ein pelziger Begleiter war dabei und konnte sich durch unser Dogsitting-Angebot rundum verwöhnen lassen.
Auf „VIVID“ folgte das Berliner Ensemble etwas klassischer mit „Othello“ und einer erfolgreichen Tastführung. 44 BesucherInnen haben sich das Stück mit AD angesehen.
Kurz darauf zog das Deutsche Theater Berlin mit „Der kleine König Dezember“ (zweimal gespielt mit insgesamt 34 BesucherInnen) und „Don Quijote“ (zweimal gespielt mit insgesamt 42 BesucherInnen) nach. Insgesamt sind zwischen Oktober und Anfang März im Rahmen des Projekts elf Vorstellungen mit AD gezeigt worden und die Gesamtbesucherzahl – wenn ich mich nicht verrechnet habe – lag bei 182.
Das Ganze haben wir mit Podcast, Blog und jetzt auch mit dem Theaterclub begleitet.
Audiodeskription lieber vom heimischen Sofa aus als Konserve konsumieren
„Die allermeisten Blinden und sehbehinderten ZuschauerInnen würden auch Theatervorstellungen mit Audiodeskription lieber vom heimischen Sofa aus als Konserve konsumieren.“
Mit dieser provokanten These startet Imke (Projektleiterin des BSA) in die Diskussionsrunde. Nach einer kurzen Pause melden sich dann doch ein paar TeilnehmerInnen zu Wort. Der allgemeine Konsens im Hinblick auf Online-Theaterstücke ist positiv. Die meisten TeilnehmerInnen sind sich einig, dass sie Livestreams von Theaterstücken zumindest als Ergänzung des Spielplans gerne beibehalten würden. Natürlich ersetzen Livestreams nicht das Theater Erlebnis, aber für diejenigen, die kein Theater mit Audiodeskription in ihrer Nähe haben, sei es eine gute Alternative. Imke deutete an dieser Stelle an, dass die Theater weniger begeistert von einer permanenten Streaming-Variante ihrer Stücke sind, da sie von Live-BesucherInnen leben und Theater ein Live-Medium ist. Obwohl das ein nachvollziehbarer Grund ist, kann ich persönlich nur dafür plädieren, Internetangebote von Theaterstücken beizubehalten. Das muss auch nicht kostenlos vonstattengehen. Blinde und sehbehinderte TheaterliebhaberInnen sind durchaus bereit, für diesen Service zu zahlen.
Was genau aufgeführt wird, steht noch in den Theatersternen
Wie es genau in der nächsten Spielzeit weitergeht, ist bislang noch unklar. Können die Theater wieder öffnen, besteht eine gute Chance, dass „Die Zauberflöte“ und „VIVID“ mit Audiodeskription weitergeführt werden. „Othello“ hingegen ist nicht mehr auf dem Spielplan. Was also im Berliner Ensemble, Theater an der Parkaue und im Deutschen Theater aufgeführt wird, steht noch in den Theatersternen. Informieren könnt ihr euch wie immer über unseren Spielplan und Newsletter. Einen wunderschönen Sommer wünscht euch weiterhin das Team des Berliner Spielplan Audiodeskription.
Mehrmals monatlich halten wir euch über die aktuellen Vorstellungen mit Audiodeskription auf dem Laufenden. Hier geht’s zum Newsletter.