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So geht eine Einführung der Audiodeskription

Posted in Allgemein

„Guten Abend und willkommen in der Deutschen Oper!“

Egal, ob man ein Theaterstück, eine Oper, Show oder Performance mit Audiodeskription besucht, der Abend beginnt immer gleich und zwar mit einer Einführung. Diese kann man sich entweder entspannt von zu Hause aus anhören oder live über die Empfangsgeräte der Audiodeskription im Theater, meist eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn. Vor einiger Zeit habe ich bereits mit Barbara Fickert (blinde Autorin für Audiodeskription) über die Einführungen von Audiodeskriptionen am Theater ein Interview geführt. Heute möchte ich anhand der Oper „Il Viaggio a Reims“ (Deutsche Oper Berlin) ein konkretes Beispiel für die Einführung von Audiodeskription geben.

Text: Felix Koch, Jutta Polić, Roswitha Röding.

Die Autorinnen stellen sich vor

Zunächst ist es gut, erst einmal anzukommen, den Sitzplatz zu finden und die Stimmen kennenzulernen, die mich im Falle einer Oper durch die nächsten drei Stunden begleiten. Das Besondere an den Opern, die bislang für den „Berliner Spielplan Audiodeskription“ beschrieben wurden, ist die Aufteilung in zwei Stimmen. Eine Person spricht die Beschreibung, die andere eine Auswahl der Übertitel. Beide Stimmen sollen sich genug voneinander unterscheiden, sodass es nicht zu Missverständnissen kommt.

Audiodeskription:

„Guten Abend, guten Abend,

wir begrüßen Sie sehr herzlich in der Deutschen Oper Berlin zur Vorstellung „Il Viaggio a Reims“ mit Live-Audiodeskription. Mein Name ist Jutta Polić, ich spreche heute für Sie die Beschreibungen.

Und mein Name ist Felix Koch, ich spreche die Übertitel.“

Worum geht es eigentlich?

Viele Besucherinnen und Besucher werden sich im Vorfeld über das Stück, das sie erleben wollen, informieren. Der einen oder dem anderen fehlt dazu die Muße. Deshalb beinhaltet eine Einführung auch eine kurze inhaltliche Zusammenfassung.

Audiodeskription:

„Im Kurhotel „Zur Goldenen Lilie“ haben sich zahlreiche Gäste aus ganz Europa einquartiert. Sie warten auf die Weiterreise nach Reims zur Krönung des neuen Königs.“

Wie sieht die Bühne aus?

Persönlich halte ich eine Bühnenbeschreibung für eine Ergänzung dessen, was sich die blinden und sehbehinderten Besucherinnen und Besucher in der Tastführung angeeignet haben. Trotzdem darf sie schon deshalb in der Einführung nicht fehlen, weil es ein großer Teil des Publikums oft nicht zur Einführung schafft oder durch Mangel an Informationen nicht weiß, dass es überhaupt eine gibt. Je simpler der Bühnenaufbau, desto leichter die Beschreibung. In einer Oper habe ich allerdings noch kein unaufwändiges Bühnenbild erlebt.

Audiodeskription:

„Die Bühne ist 27 Meter breit, 18 Meter tief und 8 Meter hoch.

Zu Beginn ist der Eiserne Vorhang herabgelassen. Der „Eiserne“ ist eine helle Feuerschutzwand aus Eisen. Von ihm bis zum schwach beleuchteten Orchestergraben bleibt nur ein schmaler Bühnenstreifen. Ist der „Eiserne“ hochgefahren, umrandet ein weißer Rahmen das Bühnenportal und verschafft den Eindruck, in ein lebendiges dreidimensionales Gemälde zu blicken.

Der Raum erinnert an einen riesigen komplett verspiegelten Schlafsaal mit jeweils sechs an den Seiten aufgereihten weißen Metallbetten. Auf der linken Seite liegen ausschließlich Männer. Von vorne nach hinten: Cavaliere Belfiore, der Arzt Prudenzio, Lord Sidney, Don Profondo, Baron Trombonok und Don Alvaro. Links sind weitere Gäste und Personal untergebracht. Von vorne nach hinten: Marchesa Melibea, Modestina, Contessa di Folleville, Conte di Libenskoff und Delia. Die Pfleger Antonio und Zefirino teilen sich das letzte Bett.“

Wie sehen die Figuren aus?

In einer Einführung darf natürlich die Beschreibung der Charaktere nicht fehlen. Gerade in „Il Viaggio a Reims“ tauchen davon um die sechzehn auf. Alle während der Oper zu beschreiben, würde erheblich in die Handlung eingreifen. Sich andererseits das Aussehen von so vielen Menschen zu merken, ist ebenso unmöglich. Einige davon in der Tastführung kennenzulernen oder sich tatsächlich im Vorfeld über das Stück zu informieren, halte ich für sinnvoll. In der Einführung sind die Beschreibungen der Figuren aufgrund der schieren Anzahl kurzgehalten.

Audiodeskription:

„Das Ensemble ist überwiegend mit weißen und einigen Sängerinnen und Sängern of Color besetzt.

Madama Cortese ist Tirolerin und leitet das Kurhotel. Sie ist zierlich. Ihr kupferrotes Haar ist hochtoupiert, von hinten fällt es offen über die Schultern. Cortese trägt einen weißen Lack-Kittel und Spitzenschürze, auf dem Kopf eine weiße Haube. Dazu hat sie rote Pumps an. Ihre Auftritte sind energisch. Sie umgarnt ihre männlichen Gäste und führt ihr Personal mit Entschlossenheit.

Wie sie, sind auch ihre Angestellten weiß gekleidet.

Die Pflegerin Maddalena ist die rechte Hand von Cortese. Sie ist groß und hat dunkles lockiges Haar. Ihre Kleidung besteht aus einem kurzen Kleid, einer Haube und Pumps. Lebensfroh und fürsorglich kümmert sie sich um das Wohl aller.“

Weitere Hinweise zur Audiodeskription

Am Ende der Einführung weisen die Sprecherinnen und Sprecher auf Besonderheiten des Stücks hin. So können Stellen vorbeschrieben werden, an denen wegen der Lautstärke des Stücks nicht gesprochen werden kann. Es kann außerdem auf Wiederholungen oder Pausen hingewiesen werden, in der die Sprecherinnen und Sprecher die Musik wirken lassen.

Audiodeskription:

„Während der Oper ist meist ein Großteil des Ensembles auf der Bühne präsent. Wenn Gäste und Personal gerade nicht aktiv in die Szene eingebunden sind, liegen sie auf ihren Betten herum, betrachten sich im Spiegel, tuscheln untereinander oder gehen ihren eigenen kleinen Interessen nach.

Und noch ein Hinweis zu den Übertiteln:

Oft singen die Sängerinnen und Sänger etwas länger, bevor ich die Übertitel einspreche. Manchmal werden Textpassagen in langen Melodieschleifen wiederholt, dann bin ich eine Weile nicht zu hören. So können Sie möglichst viel Gesang genießen.“

Viel Spaß beim Zuhören!

Am Ende der Einführung bleibt den Autorinnen und Autoren nichts mehr, als ihrem Publikum einen wunderschönen Abend zu wünschen. Danach holen sie noch einmal tief Luft, bis es fünf bis zehn Minuten später los geht.

Audiodeskription:

„Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung!“

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