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„Ein Sommernachtstraum“: Die Audiodeskription regt zum Schmunzeln an

Posted in Theaterrezension

„Jetzt bin ich tot, aus ischt die Not.“

Am 22. Mai wurde das Stück „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare in einer Inszenierung des Theater Basel auf dem 60. Theatertreffen gezeigt. Es gehörte zu den drei Stücken, die dieses Jahr für das Theatertreffen mit Audiodeskription ausgestattet wurden. Meine Vorfreude war groß, denn endlich versprach ein Stück lustig zu werden. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Inszenierung war zwar mit fast drei Stunden recht lang, aber dank ihres fabelhaften Humors war sie dennoch kurzweilig. Besonders begeistert war ich von der Audiodeskription, die von Jutta Polic mit ihrer sanften und einfühlsamen Stimme eingesprochen wurde.

Handlung

„Ein Sommernachtstraum“ beginnt mit der Heirat des Königspaars Theseus und Hippolyta. Theseus möchte, dass seine Tochter Hermia den Dimitrius heiratet, doch sie ist in Lysander verliebt und flieht mit ihm. Inmitten dieser Verwirrungen ist auch Helena in Dimitrius verliebt, der sie jedoch abweist. Schließlich landen alle vier Charaktere nachts im Zauberwald, wo das Feenkönigspaar Oberon und Titania ihre eigene eifersuchtsbedingte Auseinandersetzung hat. Durch zauberhafte Tränke wird die Verwirrung noch größer. Am Ende klären sich jedoch alle Missverständnisse auf.

Diese Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ war besonders humorvoll gestaltet. Neben den eigentlichen Handwerkern, die im Shakespeare-Originalstück ein Stück im Stück aufführen, wurde eine weitere Ebene eingebaut. Eine Gruppe von Lehrern möchte das Stück aufführen und so beginnt die Inszenierung in einer angedeuteten Aula mit einer Rede des Lehrers Fabio. Die Lehrer werden karikaturhaft dargestellt und ihre Persönlichkeiten spiegeln sich in den Charakteren wider. Die Rollen von „Ein Sommernachtstraum“ werden auf die Lehrerinnen und Lehrer verteilt, und man erkennt ihre eigenen Eigenschaften in den Figuren. Das Stück gewinnt durch diese zusätzliche Ebene an Leichtigkeit, jedoch auch an Länge.

Shakespeare’s komplizierte Texte werden aufgelockert

Das betont laienhafte Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler lockerte die komplizierten Texte auf. Teilweise erkennt man die Persönlichkeiten der Lehrer in den Charakteren wieder, zum Beispiel, wenn Hermia, gespielt von der Referendarin, mit ihrem Studium in England zu punkten versucht, indem sie die Shakespeare-Texte auf Englisch spricht. Oder als Titania anfängt, wie die Lehrerin Vroni, im Dialekt zu sprechen und Oberon „Obi“ nennt.

Besonders bemerkenswert war die Darstellung von Helena, die von einem Mann gespielt wurde. Seine Darstellung, wie er Demetrius hinterherläuft und ihn anhimmelt, und später vor der kleinen Hermia mit ihren langen Fingernägeln flieht und Schutz vor den Männern sucht, war einfach einzigartig. Ein weiteres Highlight war Oberon, der sich mit seinem Zaubertrank fast selbst verzaubert und sich immer wieder eine schwarze Maske vom Kopf zieht, während er sagt: „Jetzt bin ich wieder sichtbar.“

Die teils komplizierten Texte werden durch das Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler aufgelockert.

Alles lacht

Ich höre es den ganzen Abend ununterbrochen um mich herum lachen. Das Stück ist kurzweilig. Das Publikum wird einbezogen, indem einige mit Blättern und Zweigen wedeln dürfen, um den Zauberwald darzustellen und alle nach Puck rufen:  „Willkommen Wanderer!“

Die Audiodeskriptorin lacht mit

Selbst Jutta kann sich an vielen Stellen das Lachen nicht verkneifen. Überhaupt gibt es an der Audiodeskription nur wenig auszusetzen. Juttas Stimme ist sanft und einfühlsam, sodass ich schon dadurch mitlachen will. Ihre Sprache ist abwechslungsreich und macht Spaß. Das wird besonders durch die Variation von Verben deutlich: Vorbeirauschen, Stöckeln, Staksen, Verharren, Stieren, Zappeln.

Eine leichte Enttäuschung schwingt jedoch mit, denn das Lachen der anderen kann ich blind kaum nachfühlen. Ich verstehe zwar, warum eine Elfe, die einen Teebeutel in die Badewanne taucht oder ein Tanzduell zwischen Lysander und Demetrius lustig aussehen kann, aber die Beschreibung hat mich leider nur zum Schmunzeln gebracht. Nachvollziehen, warum der Saal in dröhnendes Gelächter ausgebrochen ist, konnte ich meistens nicht. Dadurch fühlte ich mich etwas außen vor.

Auch fiel es mir schwer, mich an spezifische Aspekte der auditiven Einführung zu Kostümen, Charakteren und Bewegungen zu erinnern, auf die sich die Audiodeskription meiner Meinung nach zu sehr gestützt hat. Ich habe zwar die Einführung gehört, in der der Lysandersprung beschrieben wurde. Ich hätte mir aber gewünscht, dass der Sprung bei der ersten Erwähnung einmal beschrieben wurde, da ich die Beschreibung bei all den anderen Informationen schon wieder vergessen hatte. An die Beschreibung „Baby Doll Pose“ konnte ich mich aus der Einführung gar nicht erinnern und wusste nicht, was gemeint war. Später fand ich heraus, dass damit offenbar das Ausbreiten des Kleides gemeint war, was Helena immer wieder tat. Diese Beschreibung war zu spezifisch und hat mich immer wieder rausgeholt.

Fazit mit einem Schmunzeln

Trotzdem war das Stück amüsant. Wirklich lachen musste ich vor allem, als die Elfen in ihrer Quatschsprache, die sich sehr nach Chipmunks anhörten, gesprochen haben, als das Eselkind mit Schultasche auftauchte, als Titania Oberon mit Obi anspricht und Lysander Theseus empfiehlt, Demetrius selbst zu heiraten, wenn er ihn doch so liebt. Vieles hat mir ein Schmunzeln entlockt. Ich hätte mir aber gewünscht, ebenso amüsiert zu sein wie der Rest des Publikums es anscheinend war.

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