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Ist ein Tanz mit Audiodeskription immersiv?

Posted in Allgemein, and Theaterrezension

Liebestod und Liebesschmerz sind Themen, mit denen wir alle nur allzu vertraut sind. Entfremdung, verpasste Gelegenheiten, ein unglückliches Blind Date, Missverständnisse und Drogenmissbrauch sind Gründe für den Tod einer Liebe, die in der Tanz-Performance „Liebestod“ von deufert&plischke aufgegriffen werden. Ein weiterer Tanz mit Audiodeskription im Rahmen des Festivals Tanz im August.
Während der Performance stellen sich die Tänzer*innen immer wieder ans Mikro und erzählen den anderen Tänzer*innen unglückliche Liebesgeschichten. Dazwischen wird mit teils aggressiven, teils zärtlichen Bewegungen zu den Klängen unerfüllter Liebe getanzt. Wie kann man so viel Emotionalität in einem Tanz mit Audiodeskription vermitteln?

Geht ein emotionaler Tanz mit Audiodeskription?

Die Tastführung gibt uns die Gelegenheit, die Kulissen genauer in Augenschein zu nehmen. Wir berühren den goldenen Tanzboden, der sich an den Seiten wellt, zwei riesige Hälften eines zerbrochenen Herzens und die Kostüme, in die die Tänzer*innen während der Vorstellung wechseln. Meist tragen sie Netzstrumpfhosen und Baumwollschlüpfer, die wohl nicht umsonst auch als Liebestöter bezeichnet werden. Wir bekommen die Gelegenheit, mit den Darstellern und Musikern zu sprechen. Sie beschreiben uns, wie sie aussehen, führen aber keine ihrer Bewegungen vor, die das Eintauchen in das Stück normalerweise erleichtern.
Als die Performance beginnt, bin ich zuerst gefangen von den Dialogen. Eine Tänzerin erzählt von einem unglücklichen Blind Date, eine andere von ihrem heroinsüchtigen Mann und wieder ein anderer von einer verpassten Gelegenheit. Auf die Dialoge folgt jedes Mal eine Tanzeinlage von einer oder mehreren TänzerInnen. Der Tanz und die dazugehörige Beschreibung rissen mich immer wieder aus dem Geschehen heraus. Die Audiodeskriptorin beschrieb zwar die Bewegungen der Tänzerinnen. Was diese allerdings mit dem schmerzhaften Thema „Liebestod“ zu tun haben, wurde mir nicht klar. Die Performance hätte mich in das emotionale Thema eintauchen lassen sollen. Durch die nüchterne Beschreibung ist mir dies aber nicht gelungen. Zusätzlich hätte ich mir zu Beginn eines jeden Liedes eine kurze inhaltliche Zusammenfassung gewünscht, da man nicht gleichzeitig auf die Audiodeskription und den Liedtext achten kann.

Immersion mit Audiodeskription

Insgesamt habe ich mir unter dem Titel „Liebestod“ eine bewegendere Performance vorgestellt. Was meiner Meinung nach die Audiodeskription erleichtert hätte, wäre eine Kostprobe der Tänze während der Tastführung gewesen. Durch das Ertasten von Figuren und Bewegungen kann sich der blinde Zuschauer einen Eindruck von der Stimmung des Tanzes machen.
Um improvisierte Tänze für mich erfahrbar zu machen, brauche ich eine Vorstellung davon, wie die Bewegungen aussehen, besonders da ich selbst keine Tänzerin bin. Bildhafte Sprache ermöglicht es mir, in die Performance einzutauchen. Dagegen sorgt die reine Beschreibung von Bewegungen eher für eine Distanz. Fazit: Improtanztheater ist nur dann inklusiv, wenn ich mich mit den Bewegungen der Tänzer*innen identifizieren kann. Davon abgesehen waren die Geschichten spannend, die gesangliche und musikalische Untermalung mitreißend und das Bühnenbild einfallsreich.

Während der Performance stellen sich die Tänzer*innen immer wieder ans Mikro und erzählen den anderen Tänzerinnen unglückliche Liebesgeschichten. Dazwischen wird mit aggressiven oder zärtlichen Bewegungen getanzt und die Sängerin Rasha singt von Liebesleid und Herzschmerz.

Die Tastführung gibt uns die Gelegenheit, die Kulissen genauer in Augenschein zu nehmen. Wir berühren den goldenen Tanzboden, der sich an den Seiten wellt, die beiden Hälften des zerbrochenen Herzens und die Kostüme, in die die Tänzerinnen während der Vorstellung wechseln.

Ich muss sagen, es fiel mir schwer, der Audiodeskription zu folgen, besonders wenn es um die Beschreibung des Tanzes geht. Am besten gefallen haben mir die Dialoge und der fast schon surreale Gesang. Die Audiodeskriptorin beschrieb zwar die Bewegungen der Tänzerinnen. Was diese allerdings mit dem schmerzhaften emotionalen Thema „Liebestod“ zu tun haben, wurde mir nicht klar. Die Performance hätte mich in das emotionale Thema eintauchen lassen sollen. Durch die nüchterne Beschreibung ist mir dies aber nicht gelungen. Auch hätte ich mir gewünscht, die Tänzer*innen hätten die Geschichten eher dem Publikum als einander erzählt. Auf diese Weise kam ich mir eher wie ein Voyeur vor. Der Gesang war fantastisch. Da man aber nicht gleichzeitig auf den Songtext und die Audiodeskription achten kann, hätte ich mir eine kurze Zusammenfassung des Liedtextes gewünscht.

Insgesamt habe ich mir bei dem Titel „Liebestod“ eine wesentlich emotionalere und immersivere Theatererfahrung vorgestellt. Die Geschichten waren spannend, die gesangliche und musikalische Untermalung mitreißend, die Kostüme akurat. Ich finde es toll, dass wir bei der Tastführung die Gelegenheit hatten, die Kostüme und das Bühnenbild zu ertasten. Was meiner Meinung nach die Audiodeskription erleichtert hätte, ist die Kostprobe der Tänze. Ich war bislang bei mehreren Tanz-Performances und jedes Mal konnte ich mir durch das vorherige Ertasten der Figuren und Bewegungen einen Eindruck von dem Stück machen.

Um improvisierte Tänze für mich erfahrbar zu machen, brauche ich einen Eindruck, wie die Bewegungen aussehen, besonders da ich selbst keine Tänzerin bin. Bildhafte Sprache ermöglicht es mir, in die Performance einzutauchen. Dagegen sorgt die reine Beschreibung von Bewegungen eher für eine Distanz. Fazit: Improtanztheater ist nur dann inklusiv, wenn ich mich mit den Bewegungen der Tänzer*innen identifizieren kann.

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