„Könnt ihr diesmal nicht bei uns im Opernhaus lachen
Müsst ihr anderswo eben das Beste draus machen.“
Kleine Kinder werden von einer kannibalistischen Hexe entführt. Das ist wohl kaum ein Thema, das zum Lachen ist. Trotzdem ist „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdink ein Klassiker unter den Kinderopern. Als Kind habe ich einmal eine Inszenierung davon gesehen. Das Einzige, was mir davon noch in Erinnerung ist, sind die pinken Haare der Hexe. Obwohl sie der Inbegriff des Bösen ist, ist ihre wilde Boshaftigkeit gerade das, was mir damals am meisten Spaß an der Oper gemacht hat. Das Gruseln ist das, was ein Märchen wundervoll macht, insofern es letztlich immer gut ausgeht. Und das tut es auch in diesem Fall.
Die Staatsoper macht das Beste draus
Die Staatsoper Hannover hat drei Ausschnitte aus der Oper „Hänsel und Gretel“ in einem Youtube-Video zusammengefasst und mit Audiodeskription über Weihnachten und Neujahr bereitgestellt. Das war eine besonders schöne Idee über Weihnachten, wo wir ungewohnterweise zu Hause bleiben mussten. Die Audiodeskriptorin Kirsten Corbett beschreibt, was während des Videos passiert. Immer wieder wechselt das Bild zwischen dem Erzähler Frank Schneiders, der auch den Vater in der Oper spielt, und der Aufzeichnung der Oper. Die Lücken zwischen den Ausschnitten werden von dem Erzähler und für das blinde und sehbehinderte Publikum von der Audiodeskriptorin gefüllt.
Hänsel und Gretel spielen, anstatt zu arbeiten. Deshalb werden sie von der Mutter in den Wald zum Beerensammeln geschickt. Dort verlaufen sie sich und finden ein Haus aus Lebkuchen. Darin wohnt eine böse Hexe, die die beiden Kinder fressen will. Sie schaffen es aber, die Hexe selbst in den Ofen zu schieben und werden letztendlich von ihren Eltern gefunden.
Hänsel und Gretel klingen absolut gleich
Kirsten Corbett ergänzt die Stellen, die durch den Erzähler beschrieben werden mit Beschreibungen des Bühnengeschehens. Da der Gesang nur wenig Platz für Beschreibungen lässt, beschränkt die Audiodeskriptorin sich auf einzelne Bewegungen. Was im Groben passiert, kann ich gut verfolgen. Ich hätte mir aber zu Beginn eine kleine Einführung gewünscht. Zwar kann ich akustisch gut zwischen der Bühne und dem Erzähler unterscheiden, doch anfangs muss ich mich erst einmal fragen, ob der Erzähler nicht doch auf der Bühne sitzt. Eine kurze Einführung mit Charakter- und Bühnenbeschreibung finde ich sinnvoll. Am meisten hilft mir die Audiodeskription dabei, die Charaktere auseinanderzuhalten. Hänsel und Gretel hören sich für mich absolut gleich an, weil beide von Frauen mit ähnlichen Stimmen gesungen werden. Die Hexe hingegen wird von einem Mann gesungen, was vor allem urkomisch ist, mir aber auch die Abgrenzung von den Kindern erleichtert.
Ich kann unbeobachtet mitsingen
Den Gesang finde ich ansonsten sehr schön. Bei einigen Liedern wie „Brüderchen komm tanz mit mir“ und „Ein Männlein steht im Walde“ kann ich sogar laut und dankenswerterweise unbeobachtet mitsingen. Die Highlights der Oper mit einem Erzähler zu verbinden, um das Stück zu kürzen, finde ich eine sehr schöne Idee. Wer liebt nicht den Onkel, der in einem Lehnstuhl sitzend Geschichten vorliest? Einzige Enttäuschung: Das große Finale – der Tod der Hexe – wird nur vorgelesen. Gerade diese Szene hätte ich unbedingt als Highlight der Oper sehen bzw. hören wollen.
Erinnerungen werden wach
Wenn Kindheitserinnerungen aufkommen, ist das immer ein schönes Gefühl. Gerade an Feiertagen, wenn wir die Geschichten hören, die wir schon auswendig kennen, wärmt es doch das Herz, wenn auch einmal eine dieser Geschichten in einem inklusiven Format präsentiert wird. Welche Weihnachtsgeschichten ich ebenfalls gerne einmal mit Audiodeskription erleben würde, könnt ihr hier lesen.
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